Judith

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(Text aus Pfabü 119: Menschenrechte)

sts| Das Büro für Gleichberechtigung der Geschlechter hätte seine helle Freude. Was in Politik und Wirtschaft noch ein längst gefordertes und vieldiskutiertes Postulat darstellt, ist in der Kirche St. Peter und Paul zumindest architektonisch und künstlerisch längst umgesetzt: Unsere Kirchenfenster zeigen geschlechtsspezifisch ausgewogen Frauen und Männer als Lichtgestalten des Glaubens – und dies bis zuvorderst in den Altarraum hinein! So lassen die drei vordersten Fenster auf der linken Seite drei biblische Frauengestalten aus dem Alten Testament durchscheinen. Nebst Eva, der Mutter allen Lebens, sind zwei glaubensstarke Frauen aus der Geschichte Israels ausgewählt worden: Esther und die hier zu besprechende Judith.

Ihr ist ein eigenes kleines Büchlein im Ersten Testament, wie das Alte Testament in der neueren Auslegung der Bibel genannt wird, gewidmet. Es ist eine sogenannte Lehrerzählung, will also keinesfalls als rein historisches Geschichtsbuch gelesen und verstanden werden. Denn der jüdisch-christliche Glaube baut nicht auf überzeitliche Lehrsätze, sondern auf Geschichten von Menschen, an denen Gottes Grösse und Güte und Macht und Stärke ablesbar werden. So eine Glaubensgestalt ist Judith.

Ihre Geschichte liest sich wie ein Krimi. Mit Mut, List und Glaubenskraft hilft sie ihrem Volk aus schier auswegloser Situation. Dabei scheut sie sich nicht, sich ins feindliche Lager einzuschleichen und dem gegnerischen Heerführer nach einem nächtlichen Gelage den Kopf abzuschlagen. Mit dieser gruseligen Siegestrophäe heimkehrend, wird sie jubelnd empfangen.

Für uns heutige LeserInnen ihrer Geschichte mag es viel Befremdliches darin geben. Spätestens dort, wo es zu Gewalt im Namen Gottes kommt und Glaubensstärke auch im Gewand von List und Todesmut daherkommt, werden wir Mühe haben, darin unser Bild von Gottes Wirken unterzubringen.

Doch was wäre das für ein Glaube, wo alles klar ist und aufgeht wie eine mathematische Formel auf dem Reissbrett? Verstörend und betörend, herausfordernd und manchmal auch zornig angesichts des Unrechts und Leids, so haben unsere Vorfahren im Glauben Gott erlebt. Ob das unser manchmal recht blass verschwommenes Gottesbild nicht beleben könnte?

"Judith, du glaubensstarke Frau früherer Zeiten, du wirfst neues Licht auf das oft dunkle Geheimnis, das wir Gott nennen – auch Du bist eine echte Lichtgestalt."

PS: Wer die Geschichte von Judith in der Bibel nachlesen will, findet sie im ersten Teil der Bibel unter den sogenannten Geschichtsbüchern. Ihr geht die Erzählung von Tobit voraus und eine weitere Geschichte von einer Frauengestalt – Esther – folgt.